Wenn's juckt
- alineilk
- 4. Apr. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Eigentlich waren wir völlig im Packstress. Und auch ein bisschen nervös. Denn als Faya acht Monate alt war, fuhren wir mit ihr zum ersten Mal nach Brüssel, um unsere Familie dort zu besuchen. Eine 7-stündige Fahrt ist für einen Junghund eine lange Zeit.
Zusätzlich zu allen Ferienvorbereitungen leckte sich Faya seit neuestem auch noch ständig die Pfoten. Unwissend, was auf uns zukommt, schauten wir vorab noch kurz beim Tierarzt vorbei. Dieser verschrieb uns für die Auslandwoche Kortison, damit wir unsere Ferien stressfrei geniessen konnten. Nun gut, wir machten die Kortisontherapie, fuhren ohne Probleme nach Brüssel und hatten eine gute Zeit.
Wieder zu Hause fing Faya nach der Gabe der letzten Kortisontablette wieder an ihre Pfoten zu lecken - ununterbrochen. Es zerrte an unseren Nerven, denn auch in der Nacht als wir eigentlich schlafen wollten, leckte Faya weiter. Durch das ständige Lecken entzündeten sich die betroffenen Hautstellen und das wollten wir auf jeden Fall vermeiden. Faya trug deshalb fast die meiste Zeit einen Halskragen.
Tierarztwechsel
Unser damalige Tierarzt war etwas ratlos und tippte auf eine Allergie. Acht Wochen lang mussten wir ihr ein Allergiefutter füttern, um auszuschliessen, dass es an der Nahrung lag. Am Futter lag es nicht und die acht Wochen waren lang. Es folgte ein Bluttest, bei dem leider ebenfalls nichts nachgewiesen werden konnte. Der Tierarzt verwies uns an eine spezialisierte Dermatologiestelle für Tiere. Zum Glück. Denn ab dem ersten Besuch dort hatten wir einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass wir das Problem in den Griff bekommen könnten. Aber ein langer Weg lag noch vor uns.
Etwa ein halbes Jahr nachdem alles begann, liessen wir mit Faya den grossen Allergietest machen. Sie wurde dafür teilsediert und es wurden ihr – wie auch beim Test für Menschen – ein Allergen nach dem anderen in die Haut gespritzt. Dort wo die Haut anschwillt, reagiert ihr Körper auf das Allergen - heisst, sie ist allergisch.

Eine Vollnarkose ist bei diesem Test nicht möglich, da ihr Körper sonst nicht mehr auf die Allergene reagieren würde. Schmerzen hatte sie keine und nach dem Test war sie auch sofort wieder fit und munter. Und wir wussten endlich auf was sie allergisch reagiert! Die Liste ist lang: Löwenzahn, Beifuss, einige Gräser, Hausstaubmilben, Federn, Schimmel- und Hefepilz. Sogar die Tierärztin war überrascht, dass sie auf so viele Dinge reagiert.
Nach der Diagnose konnten wir nun endlich eine geeignete Behandlung besprechen. Wir entschieden uns für eine Desensibilisierung. Viel anderes blieb nicht übrig, denn vermeiden kann man diese Allergene schlicht nicht. Die Desensibilisierung für Hunde kann entweder alle drei Monate vom Tierarzt gespritzt werden oder zu Hause mittels einem Pumpfläschchen zwei Mal am Tag ins Maul gepumpt werden. Da Faya Spritzen gar nicht mag, geben wir ihr seither die Desensibilisierungslösung zweimal täglich direkt ins Maul.
Seit gut zwei Jahren wird Faya also jeden Tag desensibilisiert. Dabei wird der Hund mit einer individuell zugeschnitten Allergenlösung behandelt, so dass sich das Immunsystem langsam an die Allergene gewöhnt. Und im besten Fall irgendwann gar nicht mehr darauf reagiert. Eine Desensibilisierung ist die einzige Möglichkeit, die Allergie zu behandeln.
Eine Verbesserung ist sicherlich zu sehen, wenn man es mit der Zeit ganz am Anfang vergleicht. Ganz geheilt ist Faya aber nicht und wird es vielleicht auch nie werden. Zusätzlich zur Desensibilisierung baden wir ihre Pfötchen zweimal in der Woche mit einem speziellen Shampoo gegen den Hefepilz, der sich aufgrund ihrer Umweltallergie überschüssig bildet und auf den sie ja ebenfalls allergisch reagiert.
Ausserdem halten wir unser Zuhause so gut es geht immer sauber, dass sich ja nicht zu viel Staub bildet. Unser Staubsauger ist mit einem HEPA-Filter ausgestattet. Ihre Bettchen und Tücher werden alle zwei Wochen mit 60 Grad gewaschen, damit die Milben absterben. Die Teppiche behandeln wir mit einem speziellen Spray gegen Milben.
Unterstützende Medikamente
In der Frühlings- und Sommerzeit, wann alles blüht und die Pollen Hochsaison haben, erhält Faya zusätzlich Medikamente gegen den Juckreiz: Cytopoint oder Apoquel. Beides sind kortisonfreie eher neuere Medikamente, die für uns Wunder wirken. Und natürlich lassen wir sie regelmässig vom Tierarzt untersuchen.
Durch all diese Massnahmen kann Faya mittlerweile fast beschwerdefrei leben, was für sie und auch für uns eine grosse Erleichterung ist. Der Weg war und ist ein langer, aber falls dein Hund etwas ähnliches durchmacht: Nicht aufgeben, sich professionell beraten lassen und positiv bleiben!
Den Halskragen trägt Faya nur noch sehr selten und wenn sie mal für ein paar Stunden alleine bleiben muss, trägt sie zur Sicherheit Socken. Sehr wahrscheinlich würde sie sie gar nicht brauchen, aber so können wir sicher und beruhigt sein, dass sie nicht zu lecken beginnt, wenn wir sie nicht stoppen können.
Wenn ihr andere Tipps habt oder eure Erfahrungen teilen möchtet, schreibt es gerne unten in die Kommentare.
Wie das Allergiezentrum Schweiz schreibt, hätten Tiere ähnliche Zellen, Antikörper und Rezeptoren wie Menschen. Deshalb würden sie auch auf Pollen, Hausstaubmilben und andere Substanzen reagieren. Heutzutage sei jeder fünfte Hund von einer Allergie oder einer Intoleranz betroffen. Wie bei Menschen gibt es auch bei Tieren wie Hunden verschiedene Arten von Allergien und Überempfindlichkeitsreaktionen, deren Ursachen noch nicht vollständig verstanden sind. Es wird angenommen, dass genetische Faktoren und Umwelteinflüsse eine Rolle spielen. Pollen lösen bei Hunden in der Regel keine allergische Rhinitis aus, sondern eine sogenannte Canine Atopic Dermatitis (CAD) – eine atopische Hautentzündung.
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